Kaufabbruch: Dürfen Kunden angeschrieben werden?

Kaufabbruch: Dürfen Kunden angeschrieben werden?

Der folgende Gastbeitrag wurde von unserem langjährigen Partner, dem Händlerbund e.V., verfasst:

Online-Händler können ein Lied davon singen: Kunden legen den virtuellen Warenkorb voller Artikel – der Bestellbutton wird aber in rund 50 bis 70 Prozent der Fälle nicht betätigt. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Von zu hohen Versandkosten über unbeliebte Zahlungsarten sind die Ursachen vielfältig, weshalb Marketingexperten zahlreiche Tipps und Tricks bereithalten, um die Bestellabbrüche zu verhindern.

Besonders verlockend scheint es zu sein, den möglichen Kunden nach einem Kaufabbruch anzuschreiben und ihn nach den Abbruchgründen zu fragen und ihn mit Rabatten und weiteren Vorteilen doch noch zum Kauf zu bewegen. Doch nicht alles, was für Online-Händler lukrativ ist, ist auch erlaubt.

Erhebung personenbezogener Daten zur Vertragsabwicklung zulässig

Grundsätzlich gilt, dass das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig ist, wenn es für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist, § 28 Absatz Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).

Demnach dürfen die eingegebenen Kundendaten im Rahmen des Bestellvorganges nur gespeichert und verwertet werden, um bezüglich der abgeschlossenen Bestellung und dem damit begründeten Schuldverhältnis (z.B. ein Kaufvertrag) zu kommunizieren. Hat der Kunde eine Bestellung abgebrochen, ist ein solches Vertragsverhältnis aber gerade noch nicht zustande gekommen. Also besteht nach dem Sinn und Zweck der datenschutzrechtlichen Vorschriften kein Bedarf über den nicht geschlossenen Vertrag zu kommunizieren.

Folge ist, dass weder die Daten gespeichert noch verwendet werden dürfen, wenn der potentielle Kunde den Bestellvorgang abbricht. Zwar hat der Kunde im Bestellablauf diese Daten eingegeben. Bei einem Bestellabbruch müssen jedoch alle personenbezogenen Daten gelöscht, sofern Sie der weitergehenden Verarbeitung und Nutzung nicht zugestimmt haben.

Unerlaubte E-Mail-Werbung?

Eine anschließende E-Mail, in der Rabatte oder andere Verlockungen versprochen werden, mit den der Kunde doch noch zu einem Kauf bewegt werden soll, wird bereits vielfach als E-Mail-Werbung einstuft, da die Kontaktaufnahme, wie bereits festgestellt, nicht der Kaufabwicklung, sondern letztlich als reine Werbemaßnahme der Absatzbemühung und –förderung dienen soll.

Die bis zum Abbruch eingegebenen Daten dürfen aber nur dann für eine E-Mail-Werbung gespeichert und verwendet werden, wenn der potentielle Kunde bei Eingabe seiner Daten ausdrücklich darauf hingewiesen wird und er diesbezüglich sein ausdrückliches Einverständnis erteilt hat.

An diese Einwilligung werden bei Einholung in elektronischer Form strenge Anforderungen gestellt: Die Einwilligung muss u.a. durch eine ausdrückliche Handlung erfolgen und protokolliert werden. Der Adressat muss außerdem vor Erklärung seiner Einwilligung auf die jederzeitige Abbestellmöglichkeit hingewiesen werden.

Übrigens: Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob der Adressat der Werbung Verbraucher oder Unternehmer ist. Auch darf es keinen Unterschied machen, dass der Kunde ein Kundenkonto eingerichtet hat, denn die Werbung per E-Mail ist davon unabhängig zu beurteilen.

Zulässige Direktwerbung?

Nur ausnahmsweise ist die vorherige, ausdrücklich erteilte Einwilligung des Adressaten für den Erhalt eines Newsletters entbehrlich, wenn ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse bereits erhalten hat (sog. Bestandskunden) und der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet. Zum Einen wurde aber im Falle der Bestellabbrecher-E-Mail gerade kein Vertrag geschlossen, zum Anderen gibt es noch kein „ähnliches“ Produkt, auf das sich die Werbung beziehen könnte.

Mehr Informationen zur Versendung von E-Mail-Werbung erhalten Sie hier

Unzumutbare Belästigung

Außerdem kann die Zusendung einer Bestellabbrecher-Mail als unzumutbare Belästigung eingestuft werden. Eine solche liegt dann vor, bei Werbung unter Verwendung eines für den Fernabsatz geeigneten Mittels der kommerziellen Kommunikation, durch die ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht, § 7 Absatz 2 Nr. 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Ein Versenden von E-Mails nach dem Bestellabbruch kann daher auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht unzulässig sein, wenn keine Einwilligung vorliegt.

Fazit

Zwar ist es aus der Perspektive der Online-Händler sicher verlockend, zu erfahren, warum der Kunde die Bestellung doch nicht fortgesetzt hat. Doch die E-Mail an den Kunden, um ihn doch noch zur Bestellung zu bewegen, kann sowohl aus datenschutzrechtlicher als auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht als unzulässig zu bewerten sein, wenn der potentielle Kunde vorab nicht sein ausdrückliches Einverständnis zur Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der kommerziellen Nutzung erteilt hat.

Online-Händler sollten daher auf das Versenden derartiger Mails verzichten, um keine teure Abmahnung zu riskieren.

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