Die Verlängerung der Beweislastumkehr und die Folgen für Händler
Mit der Warenkaufrichtlinie kommen auf Online-Händler einschneidende Änderungen vor allem im Bereich des Gewährleistungsrechts zu. Hier werden die Rechte der Verbraucher gestärkt und die Beweislast von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert. Das bedeutet, dass bei einem Mangel, der innerhalb eines Jahres nach Übergabe einer Ware auftritt, vermutet wird, dass dieser bereits zum Zeitpunkt des Kaufs vorlag. Eine sehr praxisrelevante Angelegenheit, besonders für Händler, denn sie müssen dann den Beweis dafür erbringen, dass der Mangel nicht schon beim Kauf vorhanden war, sondern der Kunde selbst dafür verantwortlich ist. Was sich zuvor bei sechs Monaten schon oftmals schwierig für Händler gestaltete, wird durch die Ausdehnung der Frist auf ein Jahr nun nicht leichter werden. Eine Ausnahme gibt es nur für die Mängel, die eindeutig auf eine unsachgemäße Benutzung durch den Kunden zurückzuführen sind.
Inbox-Advertising nur mit Zustimmung
Nach einem jüngst ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist das sogenannte Inbox-Advertising ohne die Zustimmung des Nutzers unzulässig. Als Inbox-Advertising wird Werbung bezeichnet, die sich als normale E-Mail tarnt und ungefragt in den kostenfreien E-Mail-Postfächern der Nutzer auftaucht. Solche Werbung ist nicht nur irreführend, sondern auch belästigend, da sie normalen Nachrichten zum Verwechseln ähnlich sieht. Zwischen beiden Varianten schnell zu unterscheiden wird dadurch für die User sehr schwierig. Der EuGH stellte nun klar, dass die Nutzer von kostenlosen Programmen der Werbung ausdrücklich zustimmen müssen. Anderenfalls liege ein Verstoß gegen europäisches Recht vor. Schließlich diene die EU-Datenschutzrichtlinie dem Schutz der Privatsphäre. Ein Wettbewerbsverstoß liegt ebenso vor, wenn die Werbung sehr häufig erscheint und damit ein verbotenes, hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen darstellt.
Verfassungsmäßigkeit der „Bundesnotbremse“ gegeben
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe hat noch einmal Stellung bezogen und inzwischen klar entschieden: Die pandemiebedingte Bundesnotbremse war verfassungsgemäß. Das am 23. April 2021 in Kraft getretene Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beinhaltete unter anderem nächtliche Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen. Damit sollten die wegen des Coronavirus steigenden Infektionszahlen eingedämmt werden. Doch innerhalb kürzester Zeit gingen zahlreiche Verfassungsbeschwerden beim BVerfG ein. In mehreren Hauptsacheverfahren hat das Gericht diese jetzt zurückgewiesen, mit der Begründung, die Maßnahmen seien formell und materiell verfassungsgemäß und auch verfassungsrechtlich geboten gewesen, da sie legitime Zwecke verfolgten. Der Schutz der Gesundheit und des Lebens sowie die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems rechtfertigte die Einschränkung anderer Grundrechte.
Zahlung der Gewerbemiete im Lockdown
Zahlreiche Einzelhändler mussten während eines Lockdowns ihre Geschäfte vorübergehend schließen. Um ihre Existenzen zu sichern, sahen sich viele dazu gezwungen, mit den Vermietern der Ladengeschäfte über deren Mietzahlungen zu verhandeln. Nicht selten endete das in einer Auseinandersetzung, die dann vor Gericht geklärt werden musste. Mit dem Fall einer Textilhandelskette aus Sachsen, die infolge der angeordneten Schließungen die monatlichen Mietzahlungen einbehielt, woraufhin der Vermieter klagte, beschäftigte sich das Oberlandesgericht Dresden. Das Gericht erließ dem Unternehmen etwa die Hälfte der Miete. Nun liegt die Sache zur Entscheidung dem Bundesgerichtshof vor. Dessen Urteil steht bislang noch aus. Nach vorläufiger Einschätzung des vorsitzenden Richters könne hier etwa die Störung der Geschäftsgrundlage zur Kürzung oder Einbehaltung der Mietzahlungen berechtigen. Allerdings stellt er ebenfalls bereits in Aussicht, dass es dahingehend wohl keine Pauschallösungen geben wird.
Kurzarbeit verringert den Urlaubsanspruch
Auch viele Arbeitnehmer sind in Zeiten von Corona dazu gezwungen, gewisse Einschränkungen auf sich zu nehmen. Das Thema Kurzarbeit machte dabei vielen zu schaffen. Für nicht wenige stand die Arbeit zeitweise komplett still. Ob diese sogenannte Kurzarbeit Null einen Einfluss auf den Urlaubsanspruch hat, darüber entschied jüngst das Bundesarbeitsgericht – zulasten der Arbeitnehmer. Denn das Gericht kam zu dem Schluss, dass bei der Berechnung des Jahresurlaubs die Kurzarbeitertage mit einberechnet werden müssen. Schließlich entstehe ein Urlaubsanspruch nur für die Zeiten, in denen auch tatsächlich gearbeitet wurde. Bedeutet kurz gesagt: keine Arbeit, kein Urlaub. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass die Kurzarbeit einzelvertraglich vereinbart oder sie durch eine Betriebsvereinbarung wirksam eingeführt worden ist. Kritisiert wurde das Urteil unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der die Lasten der Pandemie auf die Arbeitnehmer abgewälzt sieht, da die Kurzarbeit Null keine planbare Freizeit darstelle.
IDO ist nicht abmahnberechtigt
Gute Nachrichten für alle Online-Händler, die sich vor einer Abmahnung fürchten: Der Ido-Verband darf nicht mehr abmahnen – zumindest vorübergehend. Grund dafür ist, dass der Ido-Verband bislang auf der Liste der zur Abmahnung qualifizierten Wirtschaftsverbände fehlt. Seit dem 1. Dezember 2021 ist diese Änderung im Hinblick auf die Abmahnbefugnis relevant. Das Bundesamt der Justiz führt diese Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände und füllt sie nach und nach. Der Ido-Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. fehlt dort allerdings noch. Kein Listeneintrag bedeutet für den abmahnfreudigen Verband zurzeit auch keine Abmahnbefugnis, da die nötige Legitimation nicht vorhanden ist. Allerdings bleibt abzuwarten, was die Gründe für die Nichteintragung sind. Entweder der Ido erfüllt die notwendigen Kriterien nicht oder der Antrag wurde einfach noch nicht von der zuständigen Behörde bearbeitet. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Eintragung noch erfolgt.
Änderungen bei Mängelexemplaren und Gebrauchtwaren
Im Rahmen der Einführung der Warenkaufrichtlinie zum 1. Januar 2022 wird es auch zu EU-weiten Änderungen bei der rechtlichen Bewertung von Mängelexemplaren und Gebrauchtwaren kommen. Insbesondere geht es dabei um die Verkürzung der Gewährleistung bei Mängeln. Bei gebrauchter Ware kann diese nämlich statt der üblichen zwei Jahre für Neuwaren auf ein Jahr verkürzt werden. Diese Haftungsbegrenzung bleibt auch zukünftig bestehen. Allerdings kommen nun auf Händler neue formelle Vorgaben zu. Eine wirksame Klausel in den AGB zur Vereinbarung der Haftungsverkürzung wird dann nicht mehr ausreichen. Vielmehr muss der Verkäufer, bevor der Käufer seine Bestellung aufgibt, diesen über die verkürzte Verjährungsfrist „eigens” in Kenntnis setzen und die Vereinbarung muss im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Dies kann beispielsweise durch eine Checkbox geschehen.
Sturz im Homeoffice ist doch Arbeitsunfall
Das Bundessozialgericht (BSG) hat ein wegweisendes Urteil für alle Arbeitnehmer, die sich im Homeoffice befinden, gefällt. Diese fragten sich nämlich schon seit längerem, ob bei einem Unfall, der sich im häuslichen Umfeld, aber während einer Erwerbstätigkeit ereignet, genauso der gesetzliche Unfallschutz greift wie im Büro. In dem vom BSG zu entscheidenden Fall sprach sich die Vorinstanz noch gegen einen Versicherungsschutz aus. Ein Arbeitnehmer war auf der Wendeltreppe auf dem Weg vom Bett zu seinem heimischen Schreibtisch gestürzt und erlitt einen Brustwirbeltrümmerbruch. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen wies die Klage noch ab. Das BSG gab dem Mann nun aber Recht, da der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch bei der erstmaligen Arbeitsaufnahme im Homeoffice besteht. Maßgeblich sei die „Handlungstendenz” hin zur beruflichen Tätigkeit. Kurz gesagt: Wer im Homeoffice etwas macht, was in direktem Zusammenhang zur Arbeit steht, ist gesetzlich unfallversichert.
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